Hockenheimer Gauß-Gymnasium ist „Schule ohne Rassismus“
Hockenheim, 05.12.2023
Im Schulhaus brummt es wie in einem Bienenschwarm, es ist Gauß-Event und alle Klassen haben sich mächtig ins Zeug gelegt. Entweder sie laden zum Mitmachen und zu kleinen Vorführungen in die Lehrräume oder sie haben im Vorfeld kräftig gewerkelt, gebacken und gebastelt und bieten nun Kleinigkeiten zum bevorstehenden Weihnachtsfest an.
Ein Event, das zahlreiche Besucher, von den Eltern der Schüler über die Großeltern bis hin zu Geschwistern und anderen Anverwandten ins weitläufige Schulhaus lockt. Kurzum, zeitweise war kaum ein Durchkommen in den Fluren, die im weihnachtlichem Schmuck erstrahlten.
Der Erlös des Gauß-Events wird an ein soziales Projekt gespendet
Neben den zahlreichen Darbietungen auf verschiedenen Bühnen – vom Tanz bis zur Musik – gab es den CFG-Adventskalender und die Bastelarbeiten ließen die Kassen der Klassen klingeln. Ein schöner Klang, geht doch der Erlös jeder Klasse an ein bestimmtes soziales Projekt.
Die passende Kulisse für eine Auszeichnung, die zwar der Schule verliehen wurde, die aber der ganzen Stadt gut zu Gesicht steht: Das Gymnasium erhielt die Urkunde samt Schild, das künftig eine Wand der Schule zieren wird, überreicht: „Schule ohne Rassismus. Schule mit Courage.“ Eine Auszeichnung, mit der das Engagement der Schule gewürdigt wird und über die sich nicht nur Direktorin Anja Kaiser freut. Weshalb sie es nicht zu Unrecht als bestens geeignet fand, die Verleihung vor der großen Kulisse des Gauß-Events feierlich vorzunehmen, dem Vorgang möglichst viel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
Das Bestreben, als Schule ohne Rassismus wahrgenommen zu werden, habe seinen Auftakt bei der Veranstaltung „Gauß rockt“ genommen, damals mit der Begleitung von Oberbürgermeister Marcus Zeitler, erinnert Kaiser. Der Rathauschef war nun entschuldigt, dafür waren der Landtagsabgeordnete Andreas Sturm gekommen, der die Initiative begleitet, und Dr. Niels Jores, der Leiter des Landeskoordination Baden-Württemberg beim Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“.
Prof. Jutta Allmendinger, die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, die bei der Auftaktveranstaltung noch in Hockenheim war, übermittelte per Video eine Grußbotschaft und lobte die Anstrengungen der Schule, die in der heutigen Zeit notwendiger denn je seien.
Am Beispiel des vom Elternbeirat organisierten Gauß-Events machte Schulleiterin Kaiser deutlich, wie groß die kulturelle Vielfalt am Gymnasium ist, wie viele Nationen friedlich unter ihrem Dach vereint sind. Ganz nebenbei, so Kaiser, die Vielfalt lässt sich auch schmecken, das kulinarische Angebot des Events spiegelt das friedliche Miteinander wieder.
usländerhass, Rassismus und Antisemitismus dürfen am Gauß keinen Platz haben, forderte die Schulleiterin und rief für die Opfer von Krieg, Terror und Antisemitismus zu einer Schweigeminute auf. Gerade der Überfall auf Israel habe gezeigt, wie wichtig es ist, sich um Frieden zu bemühen, den Menschen mit Respekt zu begegnen.
Über 370 „Schulen mit Courage“ gebe es mittlerweile allein in Baden-Württemberg, stellte Dr. Joeres fest und sprach von einem beeindruckenden umfassenden Netzwerk. Ein Netzwerk, das sich Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verpflichtet fühlt: Niemand dürfe wegen seine Geschlechts, seiner Hautfarbe, seiner ethnischen oder sozialen Herkunft, seiner Sprache, Religion, Weltanschauung oder sexuellen Orientierung diskriminiert werden.
Seit nunmehr drei Jahrzehnten lebe das Netzwerk diesen Gedanken, betonte Joeres, dem insbesondere die Mehrsprachigkeit am Herzen liegt. „Fremdsprachen lernen ist die Voraussetzung für eine gelingende Europäische Union und ein wichtiges Fenster für gegenseitiges Verstehen und für einen Blick in die Welt.“
Die überparteiliche Initiative gegen Rassismus wurde lange von Heiner Geißler geführt
In Deutschland werde die Initiative überparteilich gelebt, einer ihrer Motoren sei Heiner Geißler gewesen, der sich lange als Vorsitzender der Initiative engagierte. Mittlerweile umfasse das Netzwerk 4300 Schulen, Tendenz steigend. Gefördert werde es von der Bundes- und Landeszentrale für politische Bildung und unlängst habe die Kultusministerkonferenz das Thema Prävention gegen Rassismus aufgegriffen.
In Baden-Württemberg werde die Initiative unter anderem durch das Landtagspräsidium um dessen Präsidentin Aras sowie dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration unterstützt. Gerade vor dem Hintergrund des 7. Oktober, des Angriffs auf Israel, sieht Joeres eine weitere Stärkung der Courage-Initiative um sich greifen.
Wie auch in Hockenheim, wo sich die Akteure nicht nur aktiv an der Abstimmung über eine Aufnahme in die Initiative beteiligten, sondern diese zugleich mit über 85 Prozent Zustimmung einforderten. Sehr zur Freude von Joeres, der die Schule „gerne und mit voller Überzeugung“ ins Netzwerk aufnahm. Nach außen hin sichtlich mit der überreichten Urkunde und dem Schild. „Bleiben wir gemeinsam wachsam“, schloss er seine Ausführungen, denen sich die Bläsergruppe der Schule mit der „Ode an die Freude“ anschloss.
Und wie sich im weiteren Verlauf des Abends zeigen sollte – Schulleiterin Anja Kaiser lag mit ihrer Einschätzung goldrichtig: Einen passenderen Rahmen als das Gauß-Event mit seiner gelebten Vielfalt, hätte es für die Verleihung der Urkunde „Schule mit Courage“ nicht geben können.
Text: Andreas Wühler, Schwetzinger Zeitung
Foto: Schwetzinger Zeitung