Stellvertretender Schulleiter Jörg Bühler geht nach Palästina
Hockenheim, 1.08.2023
Der stellvertretende Schulleiter des Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasiums wechselt in gleicher Funktion an die deutsche Evangelisch-Lutherische Schule Talitha Kumi in Palästina.
Von wegen „Lehrer haben fast den ganzen Sommer über Ferien“: Für Jörg Bühler beginnt der Unterricht schon in der übernächsten Woche wieder. Allerdings nicht am Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium, wo er seit 2017 Mathematik und evangelische Religion gegeben hat, sondern in einer deutschen Schule in der Nähe von Bethlehem in Palästina. Der stellvertretende Leiter des Gymnasiums wurde am letzten Schultag von Direktorin Anja Kaiser im Kreis des Kollegiums verabschiedet.
„Ich gehe mit einem weinenden Auge, denn ich war sehr, sehr gerne hier“, sagt Bühler. Seine Motivation sei nicht gewesen, vom Gauß wegzukommen, an dem er sich sehr wohl gefühlt hat, sondern Neues kennenzulernen, unterstreicht der 56-Jährige. Ganz neu wird die Tätigkeit für ihn und seine Frau, die ebenfalls an der Schule Talitha Kumi in Beit Jala unterrichten wird, allerdings nicht.
Erfahrungen in Kairo gesammelt
Die Bühlers haben bereits von 2011 bis 2015 an einer deutschen Schule in Kairo Unterricht gegeben. Das Paar interessiert sich für die Kultur Afrikas und der arabischen Welt „und die Zeit in Ägypten hat uns sehr gefallen trotz der unruhigen Umstände nach der Revolution“, blickt Jörg Bühler zurück.
Seitdem haben sie einen Bezug zu der Region und können auch etwas Arabisch. Sogar ihre neue Schule, die es bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts gibt und schon immer in evangelischer Trägerschaft stand, kennen sie aus dieser Zeit von einem Arbeitstreffen.
Jörg Bühler verlässt das Gauß-Gymnasium Hockenheim: Sehr motivierte Schüler an der neuen Schule
Im Frühjahr erfuhr Bühler, dass der Schulleiter dort kurzfristig einen Stellvertreter suchte. Seine Fächer passten sehr gut zum Bedarf an der Talitha Kumi, die von rund 800 Schülern von der ersten bis zur zwölften Klasse besucht wird. Arabisch im Unterricht sprechen müssen die beiden Lehrer aus Deutschland nicht: Es gibt einen deutschen Zweig, der bis zum Abitur führt und dessen Curriculum läuft durchweg auf Deutsch, sagt Jörg Bühler.
Es wird nicht nur bei der Arbeit eine Umstellung werden: Das Kollegium an deutschen Auslandsschulen arbeitet und lebt viel enger zusammen. Aber auch mit den ägyptischen Kollegen hatte er viele soziale Kontakte, spielte unter anderem in einer Fußballmannschaft mit ihnen: „Das war spannend und schön.“ Deutsche Kollegen gibt es auch in Palästina nur wenige.
Der Besuch einer deutschen Schule hatte in Kairo einen hohen Stellenwert, mit einem deutschen Abitur sind die Aussichten auf einen Studienplatz in Deutschland gut, das betrachteten viele Schüler und ihre Eltern als eine große Motivation und Chance. Viele Elternteile hätten schon an der Schule ihr Abitur gemacht und identifizierten sich sehr mit ihr.
Sorgen um ihre Sicherheit machen sich Jörg Bühler und seine Frau weniger. „Die Erfahrung aus Ägypten hilft uns, gelassen hinzugehen“, sagt der 56-Jährige. Richtig ruhige Zeiten gebe es in Palästina wohl nie.
Es seien vielfältige Reize, die das Ehepaar nach Palästina zieht: das Interesse an Kultur und Religion, das Essen, in einem anderen Land zu leben und auch eine allgemeine Neugier. „Wir leben aber auch gerne in Deutschland“, betont Bühler, „wir haben beide große Familien hier.“
Wie bald diese das Ehepaar wieder dauerhaft zu Gesicht bekommen, ist noch offen. Der Grundvertrag mit ihrer neuen Schule läuft über drei Jahre mit Verlängerungsoption. In dieser Zeit sind sie vom Land Baden-Württemberg beurlaubt und beim Auswärtigen Amt beschäftigt. Die Tochter studiert schon und bleibt hier.
Jörg Bühler verlässt das Gauß-Gymnasium Hockenheim: Zuvor in Ladenburg und Eppelheim
Bevor Jörg Bühler als stellvertretender Schulleiter ans Gauß-Gymnasium gekommen war, hatte er zwei Jahre am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Eppelheim gewirkt. Seine längste Station war für den gebürtigen Nordschwarzwälder (Kreis Calw) das Carl-Benz-Gymnasium in Ladenburg. Nach dem Studium der Mathematik und der evangelischen Religion sowie dem Referendariat in Tübingen kam der Schwabe nach Nordbaden. In den 13 Jahren in Ladenburg hat er auch schon Verantwortung übernommen.
Vielleicht geht es auch einen Schritt weiter für den Oberstudienrat: Die Deutsche Evangelisch-Lutherische Schule Talitha Kumi, die auch zu einer Lösung des Konflikts in Palästina beitragen möchte, sucht zum 1. August 2024 eine neue Schulleitung, steht auf deren Homepage. Allerdings ist die Bewerbungsfrist Ende Juni abgelaufen. Möglicherweise kehrt Jörg Bühler also für seine finalen Dienstjahre wieder an eine deutsche Schule zurück.
Text: Matthias Mühleisen, Schwetzinger Zeitung
Fotos: CFG