TheaterVerrückt: Was passiert hier eigentlich?
Hockenheim, 27.03.2023
Freitagabend. 19.30Uhr. Altes Franklin Kino Mannheim. Baustelle vor der Ersatzspielstätte des Nationaltheaters, Theaterstimmung aber drinnen.
Georg Büchners Dramenfragment „Woyzeck“ von 1836 trifft die Schülerinnen und Schüler des Carl-Friedrichs-Gauß Gymnasiums mit voller Wucht: Der Hauptdarsteller Woyzeck, Täter und Opfer zugleich, löst die volle Bandbreite an Gedanken und Gefühlen bei den jungen Zuschauern aus. Sie sehen einen jungen Mann, einen armen Mann, der täglicher Gewalt und andauerndem Druck ausgesetzt ist, der Versuchsobjekt ist, dessen Wahrnehmungsfähigkeit nach und nach schwindet und der sich immer mehr in seinem Wahn verliert und schließlich zum Mörder wird.
In Gesprächen nach der Vorstellung mit den Deutschlehrerinnen Frau Del Mul und Frau Ronellenfitsch äußern sie sich mit Begriffen wie „entsetzt“, „geschockt“, „brutal“, aber auch „erstaunt“, „spannend“ und „mitreißend“. Die Vorstellung hinterlässt eine starke emotionale Wirkung auf die Jugendlichen. Weder entschuldigen sie den Mord noch verurteilen sie Woyzeck, sondern untersuchen die Tat vor dem Hintergrund der noch heute aktuellen Frage Georg Büchners „Was ist das, was in uns lügt, stiehlt und mordet?“
Begeistert sind sie von den Schauspielerinnen und Schauspielern, die im Handumdrehen von einer Emotion in die nächste wechseln und vom Bühnenbild und den technischen Möglichkeiten, die ebenso einen Beitrag für eine gelungene Vorstellung leisten.
Alles in allem eine „faszinierende“ Inszenierung, die den jungen Zuschauern wohl noch lange in Erinnerung bleiben wird und zeigt, wie Theater gleichzeitig emotional berühren und kritisches Denken auslösen kann.
Text und Fotos: Fotini Del Mul und Susanne Ronellenfitsch