CFGazette 1 – Kommentar zum Notendruck
Hockenheim, 23.11.22
Noten… Es sind theoretisch nur Zahlen. Und doch können sie so viel Emotionen hervorrufen. Freude, Angst, Enttäuschung, Verzweiflung. Was hat es nur mit diesen Noten auf sich? In meinem folgenden Kommentar möchte ich mich mit Schulnoten und im Speziellen mit Noten- und Leistungsdruck beschäftigen. Die Versagensangst, die mit dem Druck einher geht und mit dem Gefühl nicht gut genug sein.
Noten bewerten unsere Leistungen. Sie sagen aus, ob wir den Anforderungen eines bestimmten Leistungsstandard ab einem gewissen Zeitpunkt gerecht werden. Das ist alles schön und gut, doch was kann das mit einem Schüler machen?
Ich denke eine nicht unwesentliche Eigenschaft von Noten ist: sie verunsichern. Noten können dir das Gefühl geben nicht gut genug zu sein. Nicht gut genug für die Schule, nicht gut genug für die Gesellschaft, nicht gut genug für Eltern, für Freunde, für dich selbst. Sie können Angst machen vor der Zukunft, weil man fürchtet nicht weit zu kommen, wenn die Noten „zu schlecht“ sind. Aber auch mit guten Notenschnitt kann sich ein riesiger Notendruck aufbauen. Durch Erwartungen, die an einen gestellt werden, vielleicht von den Eltern, von den Freuden, doch vor allem durch dich selbst.
Noten können eine Angst hervorrufen, die die Motivation und Freude am Lernen und der Schule vermindern. Dabei sollten Noten nur eine Indikation für einen temporär abgerufenen Leistungsstand darstellen und nicht die Freude am Lernen nehmen.
Wir Menschen haben schon immer gerne Sachverhalte in Zahlen verfasst. Mit Zahlen und Mathematik beschreiben wir die Welt um uns herum. Zahlen sind elementar für unsere Gesellschaft, der Mensch begreift durch Zahlen schwierige Sachverhalte. Doch vielleicht sollten man hinterfragen, ob sich auch Menschen und ihre Leistungen einfach mit einer Zahl beschreiben lassen. Unser Notensystem besitzt sechs endgültige Noten. Sechs Zahlen um eine ganze Bandbreite an Leistungen, eine Palette an Verhalten zu beschreiben. Reicht das tatsächlich aus? Und werden heute mittlerweile nur noch die Lerninhalte abgefragt oder doch eher, wie wir unter Druck arbeiten können?
Unser Notensystem ist vor allem eins: effizient. Effizient wenn es darum geht, konkrete Vergleiche zwischen Menschen herzustellen. Unsere Gesellschaft ist wohl darauf gepolt immer effektiver zu arbeiten. Doch das kann uns Menschen, ganz besonders Jugendliche sehr belasten. Junge Menschen sollten noch nicht das Gefühl haben funktionieren zu müssen. Und doch können Noten oder allgemein das Schulsystem in Deutschland das Gefühl verleihen, dass man funktionieren muss. Wie bei einer riesigen Maschinerie.
Viele Länder zeigen, dass das nicht sein muss. Gerade in den skandinavischen Ländern oder in Neuseeland wird eine ganz andere Atmosphäre an Schulen geschaffen. Der Leistungs- und Notendruck steht weniger Mittelpunkt des Schullebens und die Rückmeldung der Schüler aus diesen Ländern fällt durchaus positiver aus als in Deutschland. Versteht mich nicht falsch, Bildung ist leider weltweit immer noch ein Privileg und wir können uns glücklich schätzen überhaupt die Möglichkeit zu haben zur Schule zu gehen. Und das Schulsystem in Deutschland mit ist mit Sicherheit nicht schlecht. Dennoch gibt es einiges was man verbessern oder umstrukturieren könnte.
Zum Bespiel: G8 wieder in G9 ändern, um Stress zu verringern. Oder eine Anpassung des Notensystems, so dass nicht mehr alles nur noch auf diese sechs Zahlen fokussiert ist.
Schüler leiden unter dem Notendruck, dem ständigen Erbringen von Leistung, dem strengen System dahinter. Um an diesem System etwas zu ändern, müsste man wohl auf Bundesebene etwas bewegen, doch das zu erreichen, erscheint für mich aus zig Gründen nicht gerade in greifbarer Nähe. Zumindest nicht so schnell, auch wenn es an manchen Stellen vielleicht wünschenswert wäre.
Vielleicht können wird das System nicht ändern, doch wir können unsere Einstellung dazu ändern. Dazu möchte ich einen Satz mit euch teilen:
Du hast genug, du tust genug, du bist genug.
(Kurze Anmerkung: „Du tust genug“ ist kein Aufruf zum Arbeit vernachlässigen oder zum „auf der faulen Haut liegen“, ich glaube fest an die Werte unserer Leistungsgesellschaft.) Doch es ist eine sanfte Erinnerung an etwas, was manche vielleicht schon mal gehört haben: Zwingt euch selbst nicht in zu enge Erwartungen, nehmt euch manchmal selbst nicht zu ernst, lasst euch von der Gesellschaft nicht vorschreiben, was für euch gut genug ist. Richte dich nicht nach Noten und bewerte dich damit. Richte dich nach dir selbst. Nach dem was dir gut für dich ist. Sprecht über eure Erfahrungen, über eure Probleme und Ängste.
Danke, dass ich diesen Text mit euch teilen durfte :)
Autorin: Cosma Dorant